Börsenwoche: Wird Netflix diesen Schritt noch bereuen?

Netflix hat am Donnerstag vergangener Woche die Berichtssaison für die Big Player der Tech-Aktien-Szene eröffnet. Dadurch stand das Unternehmen besonders im Fokus, denn diese Tech-Aktien haben seit 2023 die Kursrallye, die wir zuletzt erlebt haben, maßgeblich angetrieben. Und wenn einer dieser Großen nur hustet, besteht die Gefahr, dass die Anleger aus den Werten umgehend flüchten, wie dann am Freitag bei einigen Hype-Aktien zu beobachten war.

Netflix will Abonnentenzahl nicht mehr erwähnen

Bei Netflix waren aus meiner Sicht nicht die präsentierten Quartalszahlen das Problem, sondern die Ankündigung, dass das Unternehmen ab 2025 aufhören wird, seine Abonnentenzahlen zu melden. Diese Entscheidung markiert einen signifikanten Strategiewechsel für den Konzern, der bisher stark auf das Wachstum der Abonnentenzahlen fokussiert war.

Dieser Indikator war einst ein wichtiger Faktor für die Bewertung von Netflix durch die Investoren und hatte großen Einfluss auf die Aktienkursbewegungen nach den Quartalsberichten. Zum Beispiel stieg die Aktie im Januar stark an, nachdem Netflix die Prognosen für das Abonnentenwachstum übertroffen hatte.

Die Führungskräfte von Netflix, darunter die CEOs Greg Peters und Ted Sarandos, haben die Entscheidung, die Berichterstattung über die Abonnentenzahlen einzustellen, damit begründet, dass sie sich mehr auf andere Schlüsselmetriken wie Umsatz, Betriebsergebnis und Cashflow konzentrieren wollen. Sie betonten, dass das Unternehmen eine breitere Palette von Abonnementplänen und diversifiziertere Einnahmequellen hat, was eine neue Herangehensweise rechtfertige.

Problematisch für Anleger

Die Reaktion der Wall Street auf diese Ankündigung war allerdings skeptisch. Analysten und Investoren interpretieren diesen Schritt als ein mögliches Zeichen dafür, dass das zukünftige Abonnentenwachstum begrenzt sein könnte, besonders nachdem Netflix Maßnahmen wie das Vorgehen gegen Passwort-Sharing und die Einführung eines günstigeren, werbefinanzierten Tarifs ergriffen hat, die zwar kurzfristig das Wachstum ankurbeln, aber langfristig an Grenzen stoßen könnten. Genau so schätze ich die Problematik auch ein.

Diese Entwicklung erinnert mich an Apples Entscheidung im Jahr 2018, die Verkaufszahlen für iPhones nicht mehr zu melden, was damals ebenfalls darauf hindeutete, dass das Wachstum in diesem Bereich möglicherweise seinen Höhepunkt erreicht hatte. Netflix‘ Strategieänderung könnte darauf hinweisen, dass das Unternehmen in eine neue Phase eintritt, in der es nicht mehr primär um schnelles Wachstum, sondern um die Stabilisierung und Diversifizierung seiner Einnahmequellen geht.

Und ab diesem Punkt bist du eben kein Wachstumswert mehr, der entsprechende Kursfantasien bei Investoren entfesseln kann. Jetzt muss das Unternehmen mit Margen und Cashflow glänzen. Wohlgemerkt: Bei Apple hat das funktioniert. Der Kursdurchbruch erfolgte, als sich der Konzern zum Value-Wert fortentwickelte. Netflix muss aber zunächst noch beweisen, dass dies bei seinem Geschäftsmodell möglich ist.

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