Mit dem abnehmenden Bedarf an Benzin und der Vorhersage, dass der Spitzenverbrauch bald erreicht wird, sehen sich Ölunternehmen gezwungen, neue Märkte zu erschließen. Chemikalien, die hauptsächlich zu Plastik verarbeitet werden, gelten als ein solcher Markt, dessen Höhepunkt noch Jahrzehnte entfernt ist.
Weltweit entsteht ein Überangebot an Kunststoff
Saudi Aramco, das größte Ölunternehmen der Welt, plant beispielsweise, bis 2030 etwa ein Drittel seines Öls in Chemikalien umzuwandeln, vor allem für die Herstellung von Plastik. Chevron und andere große Ölfirmen investieren ebenfalls massiv in neue Chemieanlagen. Diese globale Zunahme der Produktionskapazitäten führt jedoch zu einem Überangebot, was die Preise für Grundchemikalien drastisch sinken lässt und die Rentabilität der Branche bedroht.
Trotz des Überangebots und fallender Preise planen viele Unternehmen weitere Anlagen, die bis zum Ende des Jahrzehnts Millionen Tonnen unnötigen Kunststoffs produzieren könnten. Dies hat nicht nur finanzielle, sondern auch umweltbedingte Konsequenzen, da der Plastikmüll zunimmt und die Recyclingbemühungen erschwert.
China, das historisch größte Importland für Chemikalien, trägt ebenfalls zur Überproduktion bei, indem es seine Kapazitäten ausbaut und zunehmend selbstversorgend wird. Dies verstärkt das globale Überangebot und führt zu einem strukturellen Wandel der Branche, der durch herkömmliche zyklische Schwankungen nicht mehr ausgeglichen wird.
Steht BASF die eigentliche Krise noch bevor?
Die Situation ist besonders prekär für europäische Chemieanlagen, die aufgrund geringer eigener Reserven an Öl und Gas und der gestiegenen Kosten nach dem Stopp der Gasimporte aus Russland stark unter Druck stehen. Auch in Asien und den USA, obwohl sie Vorteile durch lokale billige Rohstoffquellen haben, spüren die Auswirkungen des überfüllten Marktes.
Mit anderen Worten: Auf BASF & Co. kommen möglicherweise harte Zeiten zu. Paradoxerweise ist nicht die Tatsache, dass sich die Energiepreise infolge des Embargos gegen Russland erhöht haben, das eigentliche Problem, zumindest in Zukunft. Ausgerechnet die Rohstofflieferanten drohen den alteingesessenen Chemiekonzernen das Wasser abzugraben, weil sie selber nicht wissen, wie sie ihren Rohstoff noch verkauft bekommen.